Annemarie Böhm – Philadelphia, Pennsylvania

Annemarie Böhm
Philadelphia, Pennsylvania

Zu dem Zeitpunkt, zu dem ich mich entschloss noch einmal ins Ausland zu gehen, studierte ich bereits ein Jahr BWL in Ingolstadt. Die meisten meiner Kommilitonen planten so wie ich auch im 5. Semester ins Ausland zu gehen. Nachdem ich mich entschlossen hatte, diesmal ein englischsprachiges Land zu bereisen – nach dem Abitur war ich bereits 7 Monate in Madrid, Spanien, als Aupair – stellte sich die Frage wie: Über das Univerfahren, Erasmus oder selbst organisiert. Ich hatte davor schon von VolleyUSA gehört, aber zufällig erinnerte mich eine gute Freundin zum richtigen Zeitpunkt wieder daran. Da dies eine Möglichkeit war, in den USA zu studieren und gleichzeitig Volleyball zu spielen, habe ich mich sofort bei Sandra beworben. Nach etlichen Formalien und einigen Gesprächen mit verschiedenen amerikanischen Trainern, entschied ich mich ab August 2012 für die Temple University in Philadelphia zu spielen. Die Entscheidung zwischen Philly und einigen anderen verlockenden Städten wie Chicago fiel mir nicht zu leicht, aber letztendlich entschied ich mich wegen der Internationalität des Teams, der günstigen geographischen Lage und dem guten Ranking der Uni und vor allem auch der Business School für Philadelphia.

Im August ging es dann los für mich: Neues Land, neue Sprache, neues Uni, neues Team und neue Leute. Noch bevor die Uni losging starteten wir mit der Pre-Season, das heißt 3x täglich Training. Der Anfang war nicht immer leicht, vor allem da es die ersten drei Wochen nichts außer Volleyball, Essen und Schlafen gab und da für die Athleten alles sehr geregelt ist. Aber da ich eine recht offene und extrovertierte Person bin, die schnell Anschluss findet, fiel es mir nicht schwer mit meinen Teamkolleginnen klarzukommen. Die Internationalität des Teams und des Trainergespanns war ein guter Mix und half mir bei der Eingewöhnung: Unsere Coaches waren deutschen und japanischen Ursprungs. Meine Mitbewohnerin kam aus Norwegen, eine unserer Außenangreiferinnen war aus China, eines der Mädchen kam aus Hawai und sonst kamen die Mädels aus den ganzen Staaten. Eine der Zuspielerinnen war auch aus Deutschland und wie ich eine der älteren, deswegen dauerte es nicht lange und wir waren die „German grannies“. Volleyballtechnisch habe ich definitiv von der Unterstützung, die einem dort gegeben wird, und von der Professionalität des Collegesports profitiert. Da wir insgesamt nur 3 Mittelblockerinnen waren und eine davon längerfristig verletzt war, hatte ich von Anfang an einen Stammplatz im Team und habe mich durch die Spielpraxis verbessern können. Am Ende schafften wir es auf den 3. Platz bei der Meisterschaft unserer „Conference“ und wurden unter die Top 10 der sich am meisten verbesserten Teams des ganzen Landes gerankt.

Unitechnisch war es in den USA für mich eine ganz andere Welt. Da ich das deutsche System mit seinen Freiheiten schon zwei Jahre lang gewohnt war, war es anfangs sehr merkwürdig für mich sich an das sehr schulisch angehauchte amerikanische System zu gewöhnen. Anwesenheitspflicht, Hausaufgaben, Mitarbeit, etc. Mit der Sprache kam ich aber von Anfang an zurecht und da einem als Athlet auch viel Unterstützung neben der Uni angeboten wird, wie z.B. Nachhilfe, waren die Anforderungen mehr als machbar.

Zeit für’s Reisen und Land anschauen blieb im Herbst erstmal nicht, da wir volleyballmäßig jedes Wochenende eingespannt waren. Deswegen entschied ich mich dann dafür über unseren „Winterbreak“ in den USA zu bleiben und rumzureisen. Als erstes war eine 10-tägige Eastcoast-Tour mit meinem besten Freund angesagt: Philly – Washington D.C. – New York. Und nach Silvester ging es für mich dann an die Westcoast. Erstmal fünf Tage San Francisco und dann die restlichen Ferien nach Riverside, nahe L.A., zu einer Teamkollegin. Diese Ferien waren mit die besten Ferien, die ich je erlebt habe, denn ich habe dort so unglaublich nette, offene und gastfreundliche Leute von der ganzen Welt kennen gelernt. In meinem 2. Semester in den USA hieß es dann etwas weniger Volleyball, also die Wochenenden waren frei, und wir konnten ab und an auch mal schnell nach New York oder Boston für ein bis zwei Tage. Da das Fernbussystem in den USA recht gut organisiert ist und Philly strategisch günstig liegt, waren solche Wochenendtrips auch keine Seltenheit.

Der Entschluss meine Amerikazeit nach nur einem Jahr schon zu beenden fiel mir nicht leicht und hatte rein akademische Gründe. Ich habe in den zehn Monaten, die ich nun in Amerika verbracht habe, unglaubliche Leute kennen gelernt und will diese Erfahrung auf gar keinen Fall missen. Ich hätte mir kein besseres Team vorstellen können und habe internationale Freundschaften für’s Leben geschlossen. Vielen Dank an alle, die mich unterstützt haben, dabei waren und mir geholfen haben, dass ich „the Time of my Life“ hatte!